Wie ich schon in meinem Beitrag über den Richmond Times Dispatch geschrieben habe, hatte ich im Vorfeld unserer Reise verschiedene Zeitungen in den USA angeschrieben mit der Bitte um ein Treffen. Der einzige, der auf diese E-Mail geantwortet hatte, war Bruce Hartmann, President der Chattanooga Times Free Press. Umso schöner war es, dass nicht nur er, sondern auch sein Finanzdirektor Paul Abraham am Ostermontag Zeit für mich hatten.
Sehr freundlich werde ich von den beiden im Verlagsgebäude empfangen und gleich zum Lunch im „Public House“ eingeladen. Wir tauschen unsere Erfahrungen aus über Auflagenzahlen, Verbreitungsgebiete, Beilagenpreise und so ziemlich alles, was einen Verlagsmenschen interessiert. Dabei stellen wir fest, dass die Grafschafter Nachrichten und die Chattanooga Times Free Press sich gar nicht so unähnlich sind.
Historisch gesehen gibt es die heutige TFP noch gar nicht so lange: Erst 1999 schlossen sich die Chattanooga Times und die Chattanooga Free Press zu einer gemeinsamen Zeitung zusammen. Eine Kooperation hatte es zwar Jahrzehnte zuvor schon einmal gegeben, doch die wurde seinerzeit wieder aufgekündigt. Seit der Fusion ist die TFP die einzige gedruckte regionale Tageszeitung, die allerdings auch im Internet die Nummer Eins für lokale News ist.
Das Verbreitungsgebiet umfasst ca. 500.000 Personen, die gedruckte Auflage liegt bei 45.000 Exemplaren mit einem leichten jährlichen Rückgang. Etwa 8.000 Exemplare werden im Einzelverkauf abgesetzt. Anzeigenblätter aus dem Verlagshaus kommen auf eine Auflage von ca. 160.000 Exemplaren. Mit der Website erreichen die Chattanooger Presseleute monatlich weit über 1 Mio. „echte“ Nutzer. Die Technologie für die Website wird nicht selbst entwickelt, sondern eingekauft. Im Verlag sind etwa 300 Leute eingestellt.
Gedruckt wird auch selbst – auf einer fast 40 Jahre alten Maschine im eigenen Haus. Im Schwesterhaus in Knoxville wurde erst vor drei Jahren eine brandneue „REGIOMAN“ aufgestellt.
Interessanterweise arbeitet die TFP ziemlich ähnlich wie die GN. Auflage und Zugriffszahlen sind zwar etwas höher, aber dennoch vergleichbar. Bezogen auf die Einwohner ist die gedruckte Reichweite wesentlich geringer, die digitale in etwa ähnlich der der GN. Insgesamt muss ich feststellen, dass in Chattanooga also mit dem gleichen Wasser gekocht wird wie in der Grafschaft. Die Zeitungsmacher haben exakt dieselben Herausforderungen des geänderten Mediennutzungsverhaltens zu meistern – und leider auch nur die Antworten, die wir schon kennen. Ob das für die langfristige Zukunft reicht, wird sich zeigen.